Besonders in benachteiligten Sozialräumen fehlt es in Kitas an Unterstützung
Erstmals untersucht wurde mit der Studie auch der Zusammenhang mit der sozialräumlichen Lage der Kindertageseinrichtungen. Der Befund: Unabhängig von der Pandemie fehlt es insbesondere für Kitas in benachteiligten Sozialräumen an gezielter Unterstützung. „Die Fachkräfte vor Ort leisten Tag für Tag Enormes unter vielerorts wirklich schweren Bedingungen. Gerade dort, wo viele Kinder in Armut aufwachsen oder auf besondere Unterstützung angewiesen sind, klagen auch die Kitas über schlechtere Ausstattung. Hier braucht es dringend gezielte und bessere Unterstützung“, fordert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
Strukturelle Defizite bei den Personalschlüsseln
Insgesamt gehen 60 Prozent der Teilnehmenden an der Befragung davon aus, dass sie mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht werden können. Kindertageseinrichtungen in benachteiligten Sozialräumen sind davon besonders betroffen. Defizite belegt der Bericht dabei unter anderem im Bereich der Sprachförderung: Je höher die sozialräumliche Benachteiligung, desto größer ist die Zahl der Kinder mit Unterstützungsbedarf bei der sprachlichen Bildung. Gleichzeitig könne dieser Bedarf mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel überwiegend nicht gedeckt werden.
Defizite auch bei der Kita-Finanzierung
Strukturelle Defizite werden nicht nur bei den Personalschlüsseln, sondern unter anderem auch im Bereich der Kita-Finanzierung ausgemacht. Neu- und Ersatzanschaffungen seien kaum selbstverständlich. Mehr als ein Drittel der Teilnehmenden gibt zudem an, dass die vorgesehenen Finanzmittel nicht ausreichen, um die Kinder mit einer ausgewogenen Ernährung zu versorgen. „Die Befunde des Kita-Berichts sind erschütternd. Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn es uns in diesem reichen Land nicht gelingt, jedem Kind eine gesunde Mahlzeit, bestmögliche Förderung in der individuellen Entwicklung und eine möglichst unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen“, so Schneider.
Zur Studie:
Der Kita-Bericht des Paritätischen erscheint inzwischen zum zweiten Mal. Die Studie gibt detaillierte Einblicke zum Stand der Qualitätsentwicklung und der praktischen Umsetzung des so genannten Gute-Kita-Gesetzes. Die Umfrage wurde gemeinsam mit Wissenschaftler*innen der Universität Osnabrück ausgewertet. Defizite wurden in allen Handlungsfeldern der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung festgestellt. Insgesamt haben 1.171 Personen aus unterschiedlichen Kindertageseinrichtungen vollständig teilgenommen. Damit erfasst die Umfrage ein Fünftel aller Paritätischen Kindertageseinrichtungen in Deutschland. Die Teilnehmenden an der Umfrage kommen aus dem gesamten Bundesgebiet.
Statement von Mechthild Thamm, Fachgruppenleiterin Kinder und Familie beim Paritätischen NRW:
„Zu wenig Fachkräfte, zu wenig Geld und zu wenig Kita-Plätze: Die Liste der Problemanzeigen in den NRW-Kitas ist lang, wie auch der heute vorgelegte Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes erneut zeigt.
Hier muss die neue NRW-Landesregierung dringend ran! Wir fordern, die bisherigen Maßnahmen in der Ausbildungsoffensive zu verstärken und weitere Maßnahmen zu entwickeln; dies muss auch im Koalitionsvertrag aufgenommen werden. Alltagshelfer*innen zu etablieren ist ein guter Schritt, jedoch brauchen die Kitas zur Sicherung der Qualität weitere Kräfte, um in einer besseren Fachkraft-Kind-Relation arbeiten zu können. Denn ein Ausbau der Kita-Plätze ist nicht alles: Die Landesregierung muss auch die Qualität der Betreuung im Blick haben.
Die Personalnot in NRW-Kitas wird sich nochmals massiv verschärfen. Der Fachkräftemangel wird zentrales Thema der kommenden Legislaturperiode in NRW sein,
zumal mit Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen im Jahr 2026 zwei Bildungssysteme um die gleichen Fachkräfte ringen werden.
Mit Blick auf ein neues Kinderbildungsgesetz KiBiz NRW im Jahr 2025 gilt es im
Koalitionsvertrag neben einer auskömmlichen Finanzierung des Systems Kindertageseinrichtung im Grundsatz insbesondere den Fokus auf die Umsetzung der
Landesrahmenvertrages Inklusion zu legen.
Wir erwarten, dass die Landesregierung ihrer Verantwortung gerecht wird – und damit die Träger und ihre Einrichtungen in die Lage versetzt, den Familien eine gesicherte Betreuung und allen Kindern einen guten Start in ihre Bildungsbiografie zu ermöglichen.“
Die Forderungen des Paritätischen NRW im Detail:
Was ist wichtig bei der anstehenden Revision des Kinderbildungsgesetzes KiBiz? Und welche Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel sind mehr als nötig? Was braucht es zur Umsetzung der Inklusion? Alle Forderungen zu Kitas in NRW stehen zum Download auf der Internetseite der Initiative „Hand drauf!“ des Paritätischen NRW zur Verfügung.
www.hand-drauf-jetzt.de
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